Anleitung zur Artgerechte Menschenhaltung
(AUSZUG) - Im Jahre 1870 bildet die Londoner Manege-Schule erstmals Zirkusdirektoren aus. Die Abschlussqualifikation für die erfolgreichen Absolventen ist eine Berufsbezeichnung, die hundert Jahre später auch woanders in Mode kommt: Manager. Der Begriff leitet sich vom lateinischen „manum agere“ ab: jemand an der Hand führen.
Im Zirkus hat es angefangen. Kennen Sie das? Zirkustiere werden an der Leine geführt, mit Tricks und Gewalt dressiert und zu Kunststücken gezwungen, die sie von sich aus nie tun würden. So wie Zirkustiere gegen ihre Natur auf ein nicht artgerechtes Verhalten gedrillt werden, werden in den Unternehmen viele Menschen gegen ihre Natur auf ein nicht artgerechtes Verhalten gedrillt.
Ein Manager hat in der Regel Personalverantwortung. Es gibt also Mitarbeiter, die in der Hierarchie unter ihm stehen. Er ist für diese Mitarbeiter oben, kann also „Obrigkeit“ spielen. „Obrigkeit“ nannten sich früher die Wächter oben im Turm über der Mauer am Eingang zur Stadt. Seit dem Altertum trieben sie für den Herrscher, die Kirche oder den Grundeigentümer den „Zehnten“ ein, eine Steuer in Form von Ernteerträgen, Vieh oder Geld. Daraus leitet sich die Hierarchie ab. „Hierarchia“ ist im Altgriechischen die göttliche Ordnung und auch der Herr der Geheimnisse.
Das obrigkeitsstaatliche Erbe reicht bis in die politischen Systeme unserer Demokratien. Dort wird Selbstbestimmung zum Beispiel durch Volksentscheide oft als Störung empfunden. Daraus folgt die große Frustration über Politik. Wenn Sie bei konkreten und spezifischen Belangen mitentscheiden können, werden Sie sich Ihrer Mitverantwortung überhaupt erst bewusst. Wenn Mitverantwortung in Resignation ertränkt ist, verkommt Demokratie zu einem leeren Ritual.
Reicht das obrigkeitsstaatliche Erbe auch bis in die Strukturen des Unternehmens, in dem Sie arbeiten? Werden Ideen von denen, die in der Hierarchie unten stehen, auch bei Ihnen – so wie in vielen anderen Unternehmen – als Störung empfunden? Daraus folgt die Kälte des Berufslebens. Wenn Sie in den Bereichen, in denen Sie kompetent sind, mitreden und mitentscheiden können, werden Sie wahrscheinlich vor Eigeninitiative, Ideen, Lösungen nur so sprühen. Wenn Mitwirkung aber unter vielen Lagen von Hierarchie begraben liegt, verkommt Führung zum Einpeitschen und Antreiben.
Dieses Buch ist die Sauerstoffmaske für alle Arbeitnehmer und für ihre Chefs. So wichtig artgerechte Tierhaltung ist – artgerechte Menschenhaltung ist wichtiger. Wenn Sie sich für die Tiere einsetzen, aber wegen Burn-out zusammenbrechen bzw. vor Kummer, Stress oder Mobbing einen Herzinfarkt bekommen, können Sie den Tieren nicht mehr helfen. Deshalb sorgen Sie bitte zuerst dafür, dass es Ihnen gut geht. Nur wenn Sie das geschafft haben, können Sie etwas für andere Geschöpfe tun. Dieses Buch steht Ihnen bei diesem wichtigen ersten Schritt zur Seite.
Inhalt
07... Genialität in Unternehmen entfachen
17... Das Leben im Hamsterrad überwinden
33... Ein artgerechter König im Krieg
44... Ein artgerechter Unternehmen im Frieden
62... Unternehmen sind wie Eisberge
67... Eine überflüssige Waage
80... Unsere tiefste Sehnsucht
88... Der stinkende Nilpferdkopf
107.. Wie ein Esel auf Madeira Korn drischt
126.. Das elfte Gebot - du sollst nicht schweigen
142.. Sie sind die Initiative, wenn Sie sie ergreifen.
Der renommierte Philosoph und Ökonom Wolfgang Berger begleitet Unternehmen seit über 15 Jahren bei einer inneren Neuausrichtung. Seine Methode hat z.B. eine Hightechfirma von der Existenzbedrohung zur Marktführerschaft geführt, einem Handwerksbetrieb die Rentabilität verfünffacht und anderen Mittelständlern Umsatz und Belegschaft vervielfacht. Sein provokantes Plädoyer für eine Artgerechte Menschenhaltung im Unternehmen veredelt diese Erfahrungen durch das, was wir seit wenigen Jahren über die Natur der Realität wissen. Artgerecht bedeutet, mit Herz und Verstand entscheiden und arbeiten. Es bedeutet, das eigene Potenzial auszuleben. Und es bedeutet, die Welt und ihre Unternehmen so zu verändern, dass sie dem Leben dienen.